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Von: Kathrin Reikowski
Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg, kurz nach dem Saarland: Aus der Politik kommen verschiedene Forderungen, der 20. Juni wird zum Stichtag.
München – Mitten in der verheerenden Hochwasserlage in Bayern und Baden-Württemberg melden sich Politikerinnen und Politiker mit Forderungen zu Wort – ebenso wie Nichtregierungsorganisationen. Markus Söder (CSU), bayerischer Ministerpräsident, spricht sich für eine nationalePflichtversicherungfür Elementarschäden aus: „Die Länder sind sich da sehr, sehr einig. Es stockt etwas beim Bund – insbesondere bei einem der Koalitionspartner der Ampel, der FDP“, kritisierte er auf einer Pressekonferenz am Montagmorgen. „Es wäre wichtig, wenn wir das haben, weil wir werden immer wieder mit solchen Ereignissen konfrontiert.“
Auch Hessen-Ministerpräsident Rhein für Pflichtversicherung in Deutschland
Sein Kollege, Hessens Regierungschef Boris Rhein, sagte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Wir alle sehen, dass Extremwetterereignisse zunehmen. Wir brauchen deshalb zügig eine Pflichtversicherung für Elementarschäden, um Betroffenen unter die Arme zu greifen und gleichzeitig die Solidargemeinschaft zu entlasten.“ Rhein ist derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, die sich am 20. Juni wieder treffen wird, wo er das Thema auf den Tisch legen werde.
Der Ministerpräsident wandte sich vor allem an den Bund: „Naturkatastrophen wie Unwetter oder Stürme dürfen weder Menschen in den finanziellen Ruin treiben noch in vollem Umfang alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler belasten. Deshalb muss sich die Bundesregierung bewegen und endlich die Pflichtversicherung auf den Weg bringen“, sagte Rhein.
NRW-Ministerpräsident Wüst macht Druck auf Scholz und die Ampel – Versicherer sind skeptisch
Für eine Pflichtversicherung hatte sich schon Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) nach dem Hochwasser im Saarland ausgesprochen. Sein Punkt ist jetzt: „Ich habe die klare Erwartung, dass Olaf Scholz jetzt zu seinem Wort steht und eine Pflichtversicherung für Elementarschäden einführen wird“, sagte Wüst am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Das Hochwasser in Süddeutschland zeigt uns einmal mehr: Wir werden uns in Deutschland an Extremwetterereignisse als Teil unseres Alltags gewöhnen müssen. Eine Pflichtversicherung für Elementarschäden wäre jetzt die richtige finanzielle Schadensvorsorge“, so Wüst.
Aber es gibt auch Stimmen gegen die Pflichtversicherung. „Aus unserer Sicht diskutieren wir damit am entscheidenden Thema vorbei. Oberste Priorität sollten klimaangepasstes Planen, Bauen und Sanieren haben“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft(GDV), Jörg Asmussen, dem RND. Prävention sollte fester Bestandteil der Landesbauordnungen werden. „Sonst können wir uns schon jetzt auf Milliardenschäden bei künftigen Hochwassern gefasst machen.“
Bayerischer Gemeindetag ruft Bürger in die Pflicht – Nabu für natürliche und technische Schutzmaßnahmen
Nicht mit der Beseitigung materieller Schäden, sondern mit Prävention beschäftigen will sich Uwe Brandl, Präsident des Bayerischen Gemeindetags sowie des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Er ruft die Bürgerinnen und Bürger in die Pflicht: „Allen voran braucht es mehr Eigenverantwortung, Eigenvorsorge und die Bereitschaft der Gesellschaft, das Problem gemeinsam anzugehen und auch selber aktiv zu werden“, sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion. „Dazu gehört es, Grundstücke abzugeben, wenn das zum Hochwasserschutz erforderlich ist, aber auch die Mitfinanzierung von Schutzmaßnahmen oder der Verzicht auf das Bauen im Überschwemmungsbereich“, sagte er in der Augsburger Allgemeinen.
„Wir wissen genau, was zu tun ist: Die Natur braucht mehr Raum, um so vor Hochwasser zu schützen“, sagte der Präsident Jörg-Andreas Krüger vom Bund Naturschutz (Nabu). Nach Berechnungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft seien von 22,4 Millionen Adressen in Deutschland mehr als 300.000 durch Hochwasser gefährdet. „Den Großteil der Schäden müssen Eigentümer*innen selbst begleichen. Eine weitereZunahme der Schäden um 90 Prozent bis 2040 ist prognostiziert.“ Für einen nachhaltigen Hochwasserschutz müssten natürliche und technische Schutzmaßnahmen zusammenkommen.
Fridays for Future mahnen: „Klimaschutz ist unsere Lebensversicherung“
Ebenfalls in der Augsburger Allgemeinen sprach sich die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt, für eine Zeitenwende im Bevölkerungsschutz aus: Die Katastrophenvorsorge müsse ausgebaut werden, der Bevölkerungsschutz nachhaltig und zukunftsgerichtet finanziert werden. Schülerinnen und Schüler sowie Unterstützende von Fridays for Future kamen am letzten bayerischen Feriensonntag mit Protesten zusammen. Ihre Forderung in einem Post auf X (ehemals Twitter): Die Klimakrise ist längst zerstörerische Realität. Klimaschutz ist kein „nice-to-have“, Klimaschutz ist unsere Lebensversicherung.“
Grünen-Chefin Ricarda Lang hatte bereits nach dem Saarland-Hochwasser der Unions-Spitze vorgeworfen, die Folgen des Klimawandels in Deutschland nicht ernst zu nehmen: „Wer jetzt beim Klimaschutz den Rückwärtsgang einlegt, indem er den Green Deal der EU zurückdrehen will, wie es gerade Teile der Union ankündigen, der gefährdet ganz konkret die Sicherheit der Menschen in unserem Land“, sagte die Grünen-Chefin.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist derweil unterwegs im Krisengebiet – nun hat auch Regensburg den Katastrophenfall ausgerufen, das Hochwassergeschehen verlagert sich zunehmend auf die Donau, Passau gerät in den Fokus. Alle Entwicklungen zum Hochwasser in Süddeutschland lesen Sie in unserem Ticker. (AFP/kat)